„Table for how many?“
„One, please.“
„One?“
„Yes.“
„Oh. You get best table!“
Was habe ich mir in die Hose gemacht, als ich meinen Urlaub nach Thailand gebucht habe. Meine erste Reise komplett allein. Und dann auch noch in ein Land, das ich nicht kannte. Auf einem Kontinent, der Abenteuer verspricht. Eigentlich hatten wir diese Reise geplant, um unser 10-Jähriges zu feiern.
Nach der Trennung hatte ich demnach zwei Möglichkeiten:
- Heulend zu Hause bleiben und in meinem Elend ersticken.
- Jetzt erst recht – anstatt des Jubiläums feiere ich meine Unabhängigkeit und Freiheit!
Letzteres erschien mir deutlich ansprechender, auch wenn es einen riesigen Schritt aus meiner Komfortzone bedeutete. Allein verreisen – für mich völliges Neuland! Ob mit Familie, Freunden oder Partner, bisher war ich nie solo im Urlaub.
Meine 2 1/2 Wochen in Thailand versprachen also ein Abenteuer zu werden. Klar hätte ich mich auch für den gesamten Zeitraum in ein All-Inclusive Resort einbuchen können, das ich nicht verlassen muss. Aber das ist nicht meine Art des Entspannens. Ich brauche Action, Natur und Bewegung. Wenn schon Urlaub, dachte ich mir, dann auch so, wie es mir am besten gefallen wird und nicht, wie es am bequemsten wäre.
Der erste Tag war am schlimmsten. Nach 10 Stunden Flug kam ich in Bangkok an, holte mein Gepäck und als ich in der Arrival Halle stand, traf es mich wie ein Schlag ins Gesicht: Niemand wartet hier auf mich.
Im Zimmer angekommen, völlig übernächtigt, hungrig und mit Kopfweh, lag ich im Bett und dachte ich mir: „Warum hast du dir das angetan?“ Dann kam mir aber die Alternative wieder in den Kopf und ich zwang mich aus dem Bett und begann meine Tour durch Bangkok (meine 4 Highlights in Bangkok!).
Von da an wurde alles einfacher. Ich kann gut für mich alleine sein, ja brauche mindestens einen Tag in der Woche, wo ich nur für mich bin und Energie tanken kann. Schon in den ersten 4 Tagen in Thailands Hauptstadt wurden mir die Vorteile des allein Verreisens klar:
Völlige Unabhängigkeit
Heute ausschlafen, dann ein Pancake Frühstück am anderen Ende der Stadt, eine kurze Massage, Bootfahren, Tempel Besichtigung und Abendessen im kühlen Hotelzimmer?! CHECK! Ob hungrig, durstig, schlapp oder müde – ich kann meinen Tag zu 100 % an meinem Zustand ausrichten. Eine kurze Pause? Jederzeit möglich! Eine ausgedehnte Shoppingeinheit? Yes Ma’am! Ich muss keinerlei Kompromisse eingehen und mache nur das, worauf ich Lust habe. Ich muss niemandem beweisen, wie viele Tempel ich mir angesehen habe oder wie viel Kultur ich einplane. Wenn ich nur dämlich grinsend mit einem Thai Milk Tea im Café sitzen möchte, dann tue ich das!
Bewusster Genießen
Durch die Ruhe und Einsamkeit wird jeder Spaziergang zu einer kleinen Meditation. Ich kann mich viel besser auf mein Umfeld konzentrieren und nehme alles bewusster war. Ich lerne, den Moment zu genießen, durchzuatmen und auf die kleinen Details zu achten.
Come talk to me
Als Alleinreisende bin ich für Einheimische und andere Urlauber viel zugänglicher, als mit Begleitung. Die Leute zeigen Verständnis, sind oft sehr zuvorkommend und die Gesprächsbarriere sinkt.
Mehr Selbstbewusstsein
Jemanden vorschicken um etwas zu fragen ist nicht. Wenn ich etwas wissen möchte, muss ich schon selber ran! Als zurückhaltender Schisser bin ich gezwungen, meine Scheu vor Anderen zu überwinden. Mit jeder Challenge, die ich mir setze, wächst mein Selbstbewusstsein. Ich versuche, jeden Tag etwas zu tun, vor dem ich Angst habe. Radfahren in Bangkok, Rollerfahren auf Koh Lanta, Elefantenbaden in Chiang Mai. Mit jeder Herausforderung wächst meine Selbstständigkeit!
Allein verreisen – meine Tipps zum Solo Backpacking:
- Plan B – fragt euch, was ist das Schlimmste, das passieren kann? Überlegt euch, was ihr machen würdet, wenn alle Stricke reissen und ihr euch furchtbar fühlt. Zurückfliegen? In ein All-Inclusive Resort einbuchen? Ihr werdet den Plan B sicher nicht brauchen, aber es ist gut für die Psyche, eine Alternative zu haben.
- Keep me company – Jeden Tag habe ich neue Leute getroffen! Hätte ich in Hostels übernachtet und abends Party gemacht, hätte ich sicher noch mehr Menschen kennengelernt. Man ist nie wirklich allein und kommt jederzeit mit anderen Reisenden ins Gespräch!
- One step at a time – Es müssen für eure erste Solo Backpacking Reise nicht gleich mehrere Wochen in Asien sein. Startet mit einer europäischen Hauptstadt eurer Wahl und probiert es aus!
- Entkrampfen – Eine gesunde Portion Menschenverstand und Vorsicht sind nie fehl am Platz. Lasst euch aber nicht tolle Eindrücke entgehen, vor lauter Angst, was passieren könnte. Ich habe gelernt, jeden Tag und jede Challenge Stück für Stück zu meistern und keine Panik vor dem großen Ganzen zu entwickeln.
Allein verreisen – Die Nachteile:
- Höhere Kosten für Taxi und Hotel
- Man kann nicht das Essen des Partners probieren ;)
- Man hat keinen Puffer, falls mal etwas nicht klappt (Kreditkartensperrung) und ist zu 100 % auf sich selbst gestellt
- In der Nebensaison kann es oft sein, dass man alleine im Restaurant sitzt
- Manche Ausflüge und Touren gibt es nur ab 2 Personen oder sind als Alleinreisende einfach zu teuer (privater Bootsausflug)
- Manchmal wäre es schön, die 1000 Eindrücke mit jemandem teilen zu können oder sich treiben zu lassen
- Selfie Time – leider ist kein Fotograf dabei!
Während meiner Zeit hier in Thailand erreichen mich unzählige Nachrichten á la „Ich könnte niemals allein verreisen, dafür habe ich zu viel Angst!“. Klar hat man Angst vor dem Ungewissen! Ich wäre am Münchner Flughafen am liebsten postwendend wieder in die Sbahn nach Hause gestiegen! Aber was ist das Schlimmste, das passieren kann? Ich finde es schlimmer, sich den Umständen zu beugen, und meinen Jahresurlaub zu vergeuden. Lasst euch nicht von euren Ängsten unterkriegen und euch unglaubliche Erfahrungen entgehen lassen.